Veröffentlicht am von Jonas Keller
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Die Stadt Erlangen sieht sich mit der Problematik von 766 inaktiven Luftfiltern konfrontiert, die während der Coronapandemie angeschafft wurden und nun hohe Wartungskosten verursachen. Diese Geräte, die ursprünglich in den Klassenzimmern zur Verbesserung der Luftqualität und damit zur gesundheitlichen Sicherheit der Schüler und Lehrer beitragen sollten, stehen nun untätig in den Schulen. Die Frage, die sich nun stellt, ist nicht nur eine finanzielle, sondern auch eine nachhaltige: Wie gehen staatliche Stellen verantwortungsvoll mit den Investitionen um, die zur Bewältigung gesundheitlicher Krisen getätigt wurden?
Im Kontext der Coronapandemie haben viele Bundesländer, darunter auch Bayern, massivere Mittel bereitgestellt, um Schulen mit Luftfiltern auszustatten. Der Bund investierte 200 Millionen Euro für mobile Luftreiniger, während Bayern sich mit dem Ziel, sämtliche Klassenzimmer mit Luftfiltern auszurüsten, eine umfassende staatliche Förderung aufbaute. Hierbei wurden den Schulen 50 Prozent der Anschaffungskosten erstattet, was zu einem gewaltigen Anstieg der Aufträge für Luftfilter führte. Erlangen gehört zu den Städten, die diese Initiative erfolgreich umgesetzt haben. Die Stadt investierte mehr als drei Millionen Euro in hochwertige Geräte.
Doch die finanziellen Hilfen konnte die Stadt nicht auf die langfristigen Wartungskosten übertragen. Diese Entscheidung, die Wartungskosten von Seiten des Freistaates nicht zu übernehmen, könnte sich nun als Fehlentscheidung erweisen. Nach nur vier Jahren stellt sich heraus, dass die Filter nicht mehr genutzt werden und die Stadt nun unter dem Druck steht, die Kosten von 115.000 Euro für die fachgerechte Entsorgung aufbringen zu müssen.
Ein Bericht der Stadtverwaltung hat verschiedene Handlungsoptionen für die Luftfilter evaluiert. Die rechtlichen Rahmenbedingungen erweisen sich als hinderlich: Verschenken ist verboten und der Verkauf der Geräte erweist sich angesichts eines geringen Marktes als unpraktisch. Die Stadt hat bereits die Wartungsverträge gekündigt und schließt die Weiterverwendung der Geräte aus, was die Möglichkeit aufwirft, dass diese kostspieligen Investitionen letztlich nutzlos verpuffen.
Die drei Jahre lange Zweckbindungsfrist hat nun abgelaufen, und die Stadt könnte sich den Posten der Wartungskosten sparen. Dennoch bleibt die Frage, ob eine sachgerechte Entsorgung der Filter wirklich die beste Lösung ist, insbesondere wenn diese Geräte ohnehin in der Lage sind, auch andere Krankheitserreger wie Influenza- oder Erkältungsviren aus der Luft zu filtern.
Die bundesweite Initiative #ProtectTheKids ruft dazu auf, die Luftfilter weiterhin in Betrieb zu halten, insbesondere an Schulen ohne adäquate Belüftungssysteme. Die Initiative argumentiert, dass nicht nur die gegenwärtige Gesundheitslage berücksichtigt werden sollte, sondern auch künftige Pandemien. Der Vertreter der Initiative sieht die Notwendigkeit, auch andere gesundheitliche Aspekte wie die Bekämpfung von Influenza- und Erkältungsviren im Unterricht zu berücksichtigen.
„Luftfilter filtern in Klassenzimmern auch effektiv Influenza-, RSV- oder Erkältungsviren heraus“, betont Stefan Hemler von #ProtectTheKids. Diese Argumentation stützt sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse, die den Nutzen solcher Geräte untermauern, und zeigt die Diskrepanz zwischen den politischen Entscheidungen und der realen gesundheitlichen Situation auf.
Es wird zunehmend klar, dass die Versäumnisse bei der Planung und Implementierung von staatlichen Gesundheitsinitiativen hiermit in direktem Zusammenhang stehen. Hemler kritisiert, dass die Folgekosten für die Wartung der Geräte von der Politik nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt wurden. „Jetzt zeigt sich, wie kurzsichtig der Staat hier fördert“, stellt er fest und hebt hervor, dass solche Investitionen nicht nur kurzfristig gedacht werden dürfen.
Das bayerische Kultusministerium sieht sich bei dieser Problematik nicht in der Verantwortung, was zu einem weiteren Gefühl des Ungenügens führt. Die Entscheidung, ob die Luftreiniger nach dem Förderzeitraum weiter eingesetzt werden, liegt allein bei den Kommunen, Städten und Landkreisen. Diese Fragmentierung macht es schwierig, eine kohärente Strategie zur Gesundheitsförderung in Schulen zu entwickeln.
Nicht nur von außen gibt es kritische Stimmen zu den Luftfiltern. Auch innerhalb der Lehrerschaft wird die Anschaffung der Geräte in Frage gestellt. Stefan Düll, Vorsitzender des Lehrerverbands, hält den Aufwand im Verhältnis zum Nutzen für nicht tragbar, da die Geräte seit Ende der Pandemie hauptsächlich ungenutzt herumstehen. Diese Kritik deutet darauf hin, dass eine tiefergehende Überlegung über die Investition in solche Technologien notwendig ist, um eine nachhaltige und effektive Gesundheitsstrategie für Schulen zu gewährleisten.
Erlangen steht beispielhaft für eine breitere Herausforderung, die sich vielen Kommunen stellt. Die Anschaffung und Entfernung von Luftfiltern in Schulen werfen eine grundlegende Frage auf: Wie verantwortungsvoll können staatliche Ebenen mit der Gesundheitsförderung in Bildungseinrichtungen umgehen? Die Thematik ist vielschichtig und erfordert ein Umdenken, sowohl von der politischen Entscheidungsebene als auch von den Bildungsinstitutionen selbst, um die Weichen für zukünftige gesundheitliche Herausforderungen richtig zu stellen.
Quelle: https://taz.de/Luftfilter-an-Schulen/!6096114/
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