AfD-Kampagne in Sachsen-Anhalt: Gefahr für kulturelle Vielfalt und Erinnerungskultur

AfD plant in Sachsen-Anhalt eine Kampagne zur Stärkung des "deutschen Denkens" mit umstrittenen Symbolen, Bildungsverschiebungen und Gefahr für die Erinnerungskultur.

AfD plant "Deutsch denken"-Kampagne in Sachsen-Anhalt

Die AfD hat kürzlich im Landtag von Sachsen-Anhalt einen Antrags Entwurf präsentiert, der die Initiative zur Umbenennung des Landesslogans in „#deutschdenken“ propagiert. Die rechtsextremistische Partei unter der Führung von Hans-Thomas Tillschneider strebt mit diesem Vorstoß an, Sachsen-Anhalt als „Sehnsuchtsort aller deutschen Patrioten“ zu positionieren, ein Vorhaben, das von Experten als gefährlicher Versuch gesehen wird, die kulturelle Deutungshoheit zu erlangen.

Der Stolz-Pass: Ein Instrument der Instrumentalisierung

Ein zentrales Element der AfD-Kampagne ist die Einführung eines sogenannten "Stolz-Passes", der als Stempelkarte konzipiert ist. Diese Karte soll den Besuch bestimmter, von der AfD ausgewählter historischer Stätten belohnen und Anreize schaffen, Sachsen-Anhalt als kulturelles Ziel zu besuchen. Damit wird nicht nur ein neuer Landesslogan initiiert; die AfD will zudem den Bildungsfokus von Gedenkstätten hin zu den von ihr favorisierten Orten verschieben. In einem alarmierenden Schritt plant die Partei, Schulklassenfahrten zu den Gedenkstätten des Nationalsozialismus zu streichen, was nicht nur die Erinnerungskultur in der Region gefährdet, sondern auch einen besorgniserregenden Wandel in der Bildungspolitik darstellt.

Experten warnen vor dem Deutungsvollzug

Wissenschaftler warnen davor, dass die AfD mit ihrem Vorhaben versucht, eine Deutungshoheit über den Kulturbegriff zu erlangen. Vanessa Kanz, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, hebt hervor, dass das Konzept von „deutsch“ in der Nutzung durch die AfD mit einer negativen Ausgrenzung von Menschen, Kulturen und Traditionen, die nicht dem identitären Weltanschauung der Partei entsprechen, verbunden ist. Dies zeigt sich in der bewussten Überbetonung der sogenannten „deutschen Identität“, während historische Verbrechen, wie die des Nationalsozialismus, ausgeblendet werden sollen.

Kanz argumentiert, dass die Verwendung des Begriffs „deutsch“ in der AfD-Sprache nicht neutral ist. Sie hebt hervor, dass die AfD durch den Bezug auf „deutsches Denken“ eine Aufwertung ihrer eigenen Position und eine Abgrenzung zu anderen Kulturen schafft. Diese ideologische Strategie gefährdet nicht nur die Vielfalt der Kulturen, sondern auch die demokratischen Errungenschaften der Nachkriegszeit.

Widerstand im Landtag: Ein einheitliches Nein

In der Debatte über den Antrag der AfD wurde deutlich, dass eine breite Ablehnung innerhalb des Landtages besteht. Abgeordnete aus mehreren Fraktionen äußerten scharfe Kritik an dem Vorhaben. So bezeichnete der SPD-Politiker Andreas Schmidt die Ideen der AfD als „Unsinn“, während Grünen-Abgeordneter Wolfgang Aldag sie als „Schwachsinn“ abtat. Bildungsministerin Eva Feußner rief die AfD dazu auf, über ihre Vorschläge nachzudenken, bevor sie diese öffentlich präsentiert.

Besonders bemerkenswert ist die direkte Ansprache des SPD-Politikers Holger Hövelmann, der in ironischer Weise vorschlug, dass die AfD statt den Stolz-Pass zu fördern, die „Harzer Wandernadel“ erwerben solle – eine Anspielung auf eine konkrete und unpolitische Aktivität. Dies verdeutlicht, dass der Widerstand gegen die AfD nicht nur politisch, sondern auch kulturell geformt wird, mit einem klaren Bekenntnis zur demokratischen Wertegemeinschaft.

Fazit: Kultur der Erinnerung in Gefahr

Die Bestrebungen der AfD in Sachsen-Anhalt werfen bedeutende Fragen auf, die weit über den politischen Diskurs hinausgehen. Ein Versagen, historische Gedenkstätten zu zelebrieren und zu erhalten, könnte nicht nur die Identität der Region verwässern, sondern auch die wertvollen Lektionen aus der deutschen Geschichte in den Hintergrund drängen. Die Deutungshoheit über Kultur als Werkzeug zur politischen Einflussnahme zu nutzen, bleibt eine der größten Herausforderungen für die demokratische Gesellschaft. Der nötige Widerstand gegen derartige Bestrebungen ist wichtiger denn je, um ein ausgeglichenes und gerechtes Bild der Geschichte und Kultur zu bewahren.

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Jonas Keller

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