Veröffentlicht am von Lena Schubert
Darmkrebs ist eine der häufigsten Krebsarten weltweit, doch seine Heilungschancen steigen erheblich, wenn der Tumor frühzeitig erkannt und vollständig entfernt wird. In den komplexen Fällen, in denen diese Optionen nicht ausreichen, bieten Immuntherapien eine vielversprechende Alternative, um das körpereigene Abwehrsystem im Kampf gegen den Tumor zu aktivieren. Der neue Transregio-Sonderforschungsbereich TRR 417, unter der Leitung der Goethe-Universität sowie in Zusammenarbeit mit den Universitäten Erlangen-Nürnberg und Freiburg, hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, das Tumormikromilieu gezielt zu verändern und so die Wirksamkeit von Immuntherapien zu optimieren.
Aktuelle Immuntherapien zeigen besonders bei Tumoren mit einer besonderen genetischen Instabilität, der sogenannten Mikrosatelliteninstabilität, vielversprechende Erfolge. Bei etwa 15 bis 20 Prozent der Darmtumoren ist dieses Merkmal vorhanden, was deren Anfälligkeit für Immuntherapien erhöht. Hierbei kommen oft Immuncheckpoint-Inhibitoren zum Einsatz, die die Abwehrmechanismen des Tumors überwinden, indem sie dessen „Schutzhülle“ neutralisieren. Dies ermöglicht es den T-Zellen des Immunsystems, den Tumor direkt anzugreifen und zu eliminieren.
Jedoch zeigt sich in der Praxis, dass Immuntherapien nicht bei allen Darmkrebsfällen effektiv sind. In vielen Fällen erreichen diese Therapien die Tumoren nicht hinreichend, und auch klassische Behandlungsmethoden wie Chemotherapie oder Strahlentherapie sind nicht immer erfolgreich. Prof. Florian Greten, Sprecher des TRR 417, beleuchtet dieses Problem: „Die Tumoren integrieren normale Zellen in ihr Umfeld, wodurch sich ein angepasstes Tumormikromilieu entwickelt, das die Wirksamkeit therapeutischer Interventionen beeinträchtigt.“
Das Tumormikromilieu besteht aus einer Vielzahl von Zellen, einschließlich Immunzellen, Fibroblasten und Endothelzellen, die in Wechselwirkung mit dem Mikrobiom stehen. Diese komplexen Interaktionen haben einen entscheidenden Einfluss auf die Tumorentwicklung und -reaktion auf Behandlungen. Der neue Forschungsbereich TRR 417 zielt darauf ab, die Mechanismen dieser Wechselwirkungen detailliert zu untersuchen. Hierbei werden innovative Ansätze aus der Medizin, Biologie und Datenwissenschaften kombiniert, um ein tieferes Verständnis für die dynamischen Prozesse im Tumormikromilieu zu gewinnen.
Die Wissenschaftler*innen in diesem Forschungsprogramm bauen auf Erfahrungen und Erkenntnissen aus einer vorhergehenden DFG-Forschungsgruppe auf. Diese ermöglichten eine Vielzahl von wissenschaftlichen Fortschritten und die Entwicklung gemeinsamer Standards und Technologien. Prof. Greten erläutert dies: „Wir möchten das Verständnis dafür vertiefen, wie wir das Tumormikromilieu therapeutisch verändern können, um die Erfolgsaussichten von Immuntherapien insbesondere bei schwer behandelbarem Darmkrebs zu erhöhen.“
Der interdisziplinäre Ansatz und die enge Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Universitäten sind entscheidend für den Erfolg des TRR 417. Prof. Enrico Schleiff, Präsident der Goethe-Universität, hebt die Bedeutung dieser Zusammenarbeit hervor und beschreibt sie als ein Paradebeispiel dafür, wie Grundlagenforschung in die klinische Anwendung überführt werden kann. Die Bündelung von Expertise aus verschiedenen onkologischen Spitzenzentren in Deutschland schafft ein ideales Umfeld für innovative Forschung.
Ziel ist es, neuartige Therapiekonzepte zu entwickeln, die die Wechselwirkungen im Tumormikromilieu in den Fokus rücken. Das potentielle Ergebnis dieser Forschungsarbeiten könnte nicht nur die Behandlungsoptionen für Patienten mit Darmkrebs erweitern, sondern auch zu einem tieferen Verständnis von Krebserkrankungen im Allgemeinen beitragen.
Die Unterstützung durch die DFG in Höhe von rund 17,7 Millionen Euro für zunächst vier Jahre gibt dem TRR 417 die notwendigen Mittel, um umfangreiche Forschungsarbeiten durchzuführen und neue Behandlungsmethoden zu erforschen. Das Potenzial ist enorm: Durch die gezielte Veränderung des Tumormikromilieus könnten Immuntherapien für eine breitere Patientengruppe zugänglich gemacht werden, was die Heilungschancen bei Darmkrebs signifikant erhöhen könnte. Die nächsten Jahre versprechen spannende Entwicklungen, die sowohl die wissenschaftliche Gemeinschaft als auch betroffene Patienten in ihrer Hoffnung auf effektivere Therapien unterstützen werden.
Quelle: https://aktuelles.uni-frankfurt.de/forschung/neuer-forschungsverbund-das-unheilvolle-netzwerk-des-darmtumors/
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